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Zwischen Hobby und Wettkampf

Ein Einblick in den Diskurs um die eSports-Tauglichkeit von Playerunknown’s Battlegrounds.

Playerunknowns’s Battlegrounds (PUBG) kann wohl ohne große Bedenken als das Hype-Spiel des Jahres 2017 bezeichnet werden. Nicht nur verkaufte sich das Spiel des südkoreanischen Entwicklerstudios Bluehole in etwas mehr als einem halben Jahr 15 Millionen Mal, sondern das Spiel lässt mittlerweile auch Valves etablierte Steam-Giganten Dota 2 und Counter-Strike: Global Offensive in den Statistiken zu aktiven SpielerInnen weit hinter sich. Und all das wurde vor dem offiziellen Release erreicht, da PUBG in Steams Early-Access Programm veröffentlicht wurde.

Knapp beschrieben ist PUBG ein Vertreter des Battleroyale-Genres, das sich auf den gleichnamigen japanischen Kultfilm aus dem Jahr 2000 bezieht. Im Fall von PUBG bedeutet das konkret, dass 100 SpielerInnen auf derselben Karte darum kämpfen, die letzten Überlebenden zu sein. Man kann es sowohl im Einzelspielermodus, als auch in Teams von bis zu vier SpielerInnen spielen.

Der Erfolg von PUBG ist genauso unübersehbar, wie die Ambitionen der ProduzentInnen mit ihrem Spiel in die Welt des wettkampfmäßigen eSports einzusteigen. Dies wurde spätestens bei der Veranstaltung im Rahmen der Gamescom 2017 sichtbar, als Bluehole 80 der besten SpielerInnen zu einem mit der Electronic Sports League (ESL) veranstalteten Turnier einlud und einen Preispool von 350.000 US-Dollar zur Verfügung stellte. An dieser Stelle muss allerdings die Frage gestellt werden ob und wie dieser eSports-Einstieg möglich ist, denn neben technischen Schwierigkeiten stellen auch das Battleroyale-Genre sowie die spielspezifischen Eigenheiten eine Herausforderung für die Wettkampfmäßigkeit dar.

Ich möchte auf zwei Perspektiven eingehen, die es zu verstehen gilt, um ein erfolgreiches eSports-Spiel zu produzieren, welches die Massen zu Lan-Events oder auf Live-Streaming-Portale treibt. Dies ist einerseits die SpielerInnenperspektive und andererseits die Publikumsperspektive.

Im Sinne dessen muss zuerst geklärt werden, welches Umfeld professionelle SpielerInnen benötigen, damit dieses eSports-tauglich ist. Das Schlüsselwort an dieser Stelle ist Chancengleichheit. Nur wenn alle TeilnehmerInnen mit den gleichen Grundvoraussetzungen spielen, können ihre individuellen Fähigkeiten als Hauptkriterium zu einem Sieg angesehen werden. Und genau bei dieser Chancengleichheit hat PUBG noch einige Schwachpunkte, welche sich zu großen Teilen in der Form von implementierten Zufallsprinzipien manifestieren.

Dass Lootspawns (Orte an denen verwendbare Gegenstände liegen) zufällige Gegenstände beinhalten ist wohl einer der Hauptkritikpunkte. Ich denke, dass der Zufallsfaktor an dieser Stelle extrem wichtig für den Abwechslungsreichtum des Spieles ist. Weiters lässt sich das Glückselement durch die gekonnte Maximierung der abgesuchten Lootspawns minimieren, was dem Individuum und seinen Fähigkeiten beziehungsweise Karten-Kenntnissen einen nicht zu verachtenden Einfluss zuspricht. Problematisch werden die zufälligen Lootspawns allerdings in frühen Auseinandersetzungen. Wenn man in dem ersten durchsuchten Haus keine Schusswaffe findet und vor der Türe ein bereits bewaffneter Gegner wartet kann man getrost sagen, dass einen das Spiel vor eine unfaire Herausforderung stellt, auf die man keinen Einfluss hatte. Derartiges sollte in einem professionellen Umfeld nicht vorkommen, weshalb ich den Vorschlag für überlegenswert halte, SpielerInnen mit einer schwachen Pistole beginnen zu lassen. Dieser Vorschlag könnte auch nur auf Turniere angewandt werden, damit wir nicht auf die wunderbar schrägen Faustkämpfe am Spielbeginn verzichten müssten.

Ein weiteres Einflussgebiet des Zufallsprinzips stellt das Kreis-System dar, welches das Spielgebiet schrittweise verkleinert und somit dafür sorgt, dass die immer weniger werdenden SpielerInnen weiter in Auseinandersetzungen verwickelt werden. Dabei handelt es sich um einen blauen schrumpfenden Kreis auf der Landkarte, außerhalb dessen SpielerInnen konstant Schaden nehmen. Die Problematik hierbei ist, dass die sichere Zone zufällig irgendwo auf der Karte sein kann und weiter zufällig schrumpft. Diese Unvorhersehbarkeit kann Teams in unbeeinflussbare Schwierigkeiten bringen, während sie anderen Teams das Leben erleichtert. Im Sinne der Wettkampfmäßigkeit wäre es hier zu überlegen, die Kreisentwicklung mit einschätzbaren Regelmäßigkeiten zu gestalten. Dies könnte zum Beispiel zentralere Kreise bedeuten, die Teams eine langfristigere Planung ermöglichen würden.

Bisher versuchen TurnierveranstalterInnen die beschriebene Problematik des Zufallsprinzips mit einem höheren Stichprobenumfang auszugleichen. Es werden also mehrere Runden gespielt, wobei die TeilnehmerInnen rundenübergreifende Punkte sammeln. Dies ist definitiv notwendig und wirkt sich mit Sicherheit positiv auf die Chancengleichheit aus. Es ist jedoch fraglich ob diese Herangehensweise ausreichend ist, um PUBG zu einem gesunden eSports Umfeld zu machen.

Dass es natürlich einige Bugs gibt, die behoben werden müssen, möchte ich in Anbetracht des Early-Access Status des Spieles nur nebenbei erwähnen. Auch auf die technischen Herausforderungen, welche mit der Veranstaltung eines Turniers für hundert SpielerInnen einhergehen, werde ich nicht näher eingehen, wobei sie nicht ignoriert werden dürfen.

Allerdings möchte ich an dieser Stelle auf die Publikumsperspektive eingehen. Denn zu einem erfolgreichen eSports-Spiel gehören auch die Fans, sei es auf den Tribünen von Lan-Turnieren oder zu Hause vor den Bildschirmen und Livestream-Portalen. Beim Gamescom Invitational 2017 hat sich gezeigt, dass PUBG einer qualitativ hochwertigen Berichterstattung einige Steine in den Weg wirft. So muss nicht nur der Spectator-Mode (Zuschauer-Modus) überarbeitet werden, um zum Beispiel übersichtliche Kameraeinstellungen und Wiederholungen von spannenden Momenten zu ermöglichen, sondern die gesamte Herangehensweise an die Aufzeichnung und Übertragung muss überdacht werden. Während bei konventionellen eSports-Spielen meist zwei Teams von rund fünf SpielerInnen wetteifern und es relativ offensichtlich ist, wo spannende Kämpfe stattfinden, die erfasst werden sollten, sorgen die hundert SpielerInnen in PUBG schnell für Überforderung. Beim Gamescom Invitational 2017 ging es so weit, dass die Kamera regelmäßig irgendwie zwischen verschiedenen SpielerInnen hin und hersprang, sodass selbst die bravourösen KommentatorInnen verwirrt wurden. Um den Hype von PUBG auch auf ein eSports Level heben zu können, müssen sich Berichterstattungsteams Lösungen für die flüssige und reibungslose Übertragung dieses sehr komplexen und umfangreichen Spiels überlegen.

Es gibt jede Menge theoretische Lösungsvorschläge für die genannten Probleme aus der Community, die auch jeweils ihre KritikerInnen haben und deren Effektivität wohl nur durch intensives Spieletesten geklärt werden kann. Doch am Ende des Diskurses und dessen Umsetzung in die Praxis könnte ein revolutionäres eSports-Spiel stehen, welches mit hundert professionellen SpielerInnen auf ein und derselben Karte eine Menge an actiongeladener Unterhaltung verspricht. Und mit einer gelungenen Umsetzung würde auch der, zum sarkastischen PUBG-Internet-Meme auferstandene, Begriff „eSportsready“ (eSport-tauglich) letzten Endes redundant werden.

Simon Bittner

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