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Investment ohne Erfahrungswerte: eSports in Österreich

Überblick über die aktuellen Bemühungen österreichischer Firmen in Richtung eSports und die damit verbundenen Möglichkeiten und Herausforderungen.

Einleitung

Laut einer 2017 durchgeführten GfK-Studie im Auftrag des Österreichischen Verbands für Unterhaltungssoftware (ÖVUS) spielen in Österreich 4,9 Millionen Menschen, 2,2 Millionen davon immerhin täglich und Männer im Schnitt zwölf Stunden pro Woche. Gaming ist den Zahlenspielen zufolge in der Mitte der Gesellschaft angekommen. eSports, ein mit rund 15 Jahren noch sehr junges Kind der Gaming-Szene, kann das in vielen Ländern ebenfalls von sich behaupten. In Österreich sah das bis vor Kurzem noch etwas anders aus. Große LAN-Party-Veranstalter klagen unter der Hand über wenig Unterstützung seitens Hard- und Software-Herstellern, von anderen Branchen ganz zu schweigen. Jugendliche mit Ambitionen, Profi-eSportler zu werden gehen schnell ins Ausland, zumeist Deutschland, um ihrem Traum weiterjagen zu können. Der Österreicher Alexander „Kakafu“ Szymanczyk erklärt seinen Weggang zum Berliner Team BIG in einem Interview mit redbull.com im April 2017: „Die eSport-Szene in Österreich hat es schwer, weil wir ein kleines Land sind, mit vergleichsweise wenigen Spielern. Die finanzielle Komponente ist ein riesiges Problem. Man kann nur hoffen, dass ein österreichischer Big Player einmal ein größeres Investment wagt, um auch hier eine Infrastruktur für eine eSports-Karriere zu schaffen.“

Der österreichische eSport-Verband ESVÖ versucht seit 10 Jahren die politische und mediale Aufmerksamkeit auf den eSports zu lenken, aber es fehlen die finanziellen Mittel und die nötigen Strukturen Firmen mehr auf das Thema aufmerksam zu machen. Nur einmal im Jahr, im Rahmen der auf der Game City stattfindenden Staatsmeisterschaften, gibt es merkbare Medienpräsenz und zahlungsbereite Firmen. Preisgelder bleiben dennoch die Ausnahme. Es fehlt an Sponsoren.

Wendejahr 2017

International werden bereits seit Jahren Preisgelder in Millionenhöhe ausgespielt, allen voran das Turnier „The International“ – sozusagen die Weltmeisterschaft im Computerspiel Dota 2 – sorgt weltweit für Schlagzeilen. 2017 beträgt dort das Preisgeld knapp 25 Millionen US-Dollar. Laut der Website esportearnings.com, die eine genaue Aufschlüsselung über Preisgelder im eSport anbietet, wurden in diesem Spiel bereits über 126 Millionen Dollar ausgespielt. Zahlen, die auch in Österreich mittlerweile kommuniziert werden. Breitenwirksame Medien greifen immer öfter den Trend eSport auf, etwa der Webstandard mit Artikeln wie „Traumjob E-Sportler“ (Oktober 2017), Webseiten wie LaOla1.at oder krone.at starten Subseiten und berichten verstärkt über die heimische Szene. Auch die Wiener eSports-Bar Respawn festigt ihre Position in der Szene und veranstaltet neben selbst initiierten Ligen, offizielle Events (z.B. ARMS 2 für Nintendo oder Hearthstone für Blizzard) und zunehmend Gaming-Veranstaltungen für Firmen.

Anfang 2017 kündigt die österreichische Fußball-Bundesliga eine eSport-Liga namens eBundesliga an. Spieler des Videospiels FIFA 18 werden sich in lokalen Qualifikationen für einen Verein entscheiden und diesen bei einem großen Finale vertreten. Im Mai folgt die offizielle Verpflichtung des jungen Spaniers Andres Torres durch den FC Red Bull Salzburg – Austria Wien und Rapid Wien ziehen bald nach. In einer Pressekonferenz im September werden weitere Sponsoren der neuen Liga genannt. Namen wie Media Markt, tipp3 oder krone.at investieren erstmals in den heimischen eSport. Alle Beteiligten wollen nicht über die Höhe des Investments reden, aber schon jetzt zeigen sich die Akteure stolz über die mögliche Wachstumsbranche. So wird z.B. die Allianz Gruppe eBundesliga-Hauptpartner des SK Rapid, wie man in der Presseaussendung des Traditionsvereins vom 11. Oktober lesen kann. „Mit dem Einzug der eBundesliga in Österreich bietet sich der Allianz eine hervorragende Gelegenheit, als eines der ersten österreichischen Unternehmen in den eSports-Bereich einzusteigen,“ wird Andreas Wolfertsberger, Leiter Business Cooperations Marketing der Allianz Gruppe in Österreich, zitiert.

Im Rahmen der Game City am 13. Oktober kündigt der Mobilfunker A1 via Pressekonferenz und anschließender Presseaussendung die „A1 eSports League Austria – powered by ESL“ an. „eSports ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen: Es gibt bereits mehr als 100.000 registrierte eSportler in Österreich. Mit Gründung der A1 eSports League Austria bieten wir nun die erste Liga internationalen Formats. Damit bieten wir österreichischen eSportlern die Plattform, um künftig in die weltweite Königsklasse des Gamings aufzusteigen“, so Marco Harfmann, A1 Director Transformation & Marketing Communications. Geplant sind Online- und Offline-Turniere in ganz Österreich. Red Bull wird als Partner genannt. Der Getränkehersteller ist schon 2016 als Co-Veranstalter auf der Game City vertreten und organisiert für den League of Legends Staatsmeister „Alpaka eSports“ im Oktober 2017 ein viertägiges Camp, wo die Spieler professionelle Trainingsbedingungen kennenlernen sollen.

Sowohl die eBundesliga als auch die A1 eSports League sprechen bereits von fünfstelligen Preisgeldern und längerfristigem Commitment in den jeweiligen „Sportarten“. Die Szene, speziell die vielen engagierten Vereine und LAN-Veranstalter, nimmt all diese Ankündigungen auf diversen Social-Media-Kanälen wohlwollend zur Kenntnis. Es scheint sich etwas zu tun, aber wie nachhaltig sind diese Investitionen?

Risiko: Unwissen

Dass all diese Investitionen einen wirtschaftlichen Hintergrund haben, ist augenscheinlich und nachvollziehbar. Die Bundesliga will u.a. wieder mehr direkte Identifikation junger Menschen mit österreichischen Vereinen, A1 sieht in der online-affinen Zielgruppe großes Potenzial für ihre Produkte. Erfahrungswerte mit den angeblich 100.000 registrierten eSportlern und den an den einzelnen Disziplinen des eSports-Interessierten gibt es nicht. Es existieren in Österreich weder Studien zum Thema, noch kann man abschätzen, welche Wirkung ein Sponsoring auf einem 18-jährigen eSportler hat.

Mario Viska, FIFA-Profi beim SK Rapid, weist in einem Interview im Oktober auf offene Fragen hin: „Die erste eBundesliga-Saison ist mehr oder weniger ein Pilotprojekt, auf dem man später aufbauen will. Außerdem muss man aus den nächsten Monaten lernen. Da bekommen jetzt mehrere junge Spieler ein Bundesliga-Shirt übergezogen und müssen dann aber auch zeigen, dass sie sich der neuen Verantwortung auch bewusst sind und nicht spontan Blödsinn online posten.“

Ausblick

Das Jahr 2017 stellt nicht nur was die zwei angesprochenen Ligen betrifft ein Kick-Off-Event dar. Die Zusammenarbeit zwischen Firmen/Vereinen und der eSports-Szene in Österreich steckt sowohl, was Erfahrungswerte in Richtung Werbewert als auch was die längerfristige, gemeinsame Zusammenarbeit (z.B. vertraglich) betrifft, in den Kinderschuhen. Wie es 2018 und darüber hinaus weitergeht, kann aktuell wohl in keiner Firmenzentrale beantwortet werden. Die Investments müssen in jedem Fall steigen, um auch längerfristig eine brauchbare Infrastruktur für Spieler und Vereine zu festigen. Es scheint, als wären die aktuellen Player genau daran interessiert, was eine große Chance für den heimischen eSport darstellt.

Nur wenige in der aktiven Szene können sich daran erinnern, dass es schon einmal eine sehr große eSport-Szene in Österreich gab. Zur Gründung des ESVÖ im Jahr 2007 gab es praktisch wöchentlich LAN-Partys in Österreich und Spieler wurden dank zahlreicher Sponsoren zur damaligen Weltmeisterschaft, den World Cyber Games, als Vertreter unseres Landes geschickt. Nach dem Boom folgte allerdings die Ernüchterung und der fast vollständige Rückzug der bisher aktiven Firmen, z.B. Samsung, aus dem weltweit boomenden Bereich. Die Gefahr ist groß, dass der Wirbel auch diesmal nur wenige Jahre dauert, bis man feststellt, dass man in Österreich nur selten Weltstars finden wird bzw. die Reichweite nun mal eine Nische ist. Die wachsende Szene zeigt sich von den derzeitigen Bemühungen angespornt, waren es doch genau diese Investments, die die Professionalisierung in den letzten Jahren gefehlt hat. Der Präsident des ESVÖ, Stefan Baloh, hat in den letzten 15 Jahren alle Phasen des eSports in Österreich begleitet und zeichnet stellvertretend ein vorsichtig optimistisches Bild für die Zukunft: „Genau wie wir, ist auch der eSports global in den letzten 15 Jahren gewachsen – hat sich professionalisiert. Das merken auch die Firmen und keiner geht mehr mit völlig unrealistischen Erwartungen in diesen Markt, sondern versucht, vorsichtig Fuß zu fassen.“ Im Idealfall ist das die langfristigere Methode, den eSport hierzulande erfolgreich zu machen.

Alexander Amon

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